MORALIA - Die Dynamik von Moral im Denken über den Lebenslauf (2011–2013) Pilotprojekt

ProjektleitungDr. phil. Sonja Ehret

Projektpartner: Akademie für Ältere, Heidelberg

ArbeitsgruppeDr. phil. Sonja Ehret (verantwortlich), Dr. phil. Judith Beil (Mitarbeit in der Studienkonzeptionsphase 2011)


Projektbeschreibung

Hintergrund und Ziele der Studie
Moralische Entwicklung als Teil einer Entwicklungspsychologie der Lebensspanne blieb im Hinblick auf die späteren Lebensalter bisher in der deutschen Gerontologie weitgehend unerforscht. Folgt man Kohlberg (1996), so lässt sich festhalten, dass moralische Veränderungen im späteren Lebensalter von kognitiven Leistungsänderungen sich abheben, möglicherweise gar durch letztere vermittelt sind (vgl. auch Erikson 1997). Moral ist zudem kulturell beeinflusst und stellt ein Ziel der Evolution des Menschen dar (Hobhouse 1923). Den Fragen einer geschlechtsspezifischen Moral widmete sich Gilligan (1982). Teile ihrer Annahmen lassen sich im Zusammenhang mit einer Care-Debatte wieder aufgreifen und neu untersuchen. Phänomene wie Schuld und Gewissen, Recht und Gerechtigkeit, aber auch der Wert des Lebens und seine Qualität hat Kohlberg in seinen Dilemmata zu integrieren versucht. Nun sollen mit einer zeitgenössischen Auslegung der Dilemmamethode, die allgemeine und aktuelle gesellschaftliche Fragen der Sorge mit einbezieht, neben einer Erfassung der Moralstufen die qualitativen Strukturen ethischer Normen und Elemente über verschiedene Altersgruppen hinweg freigelegt werden und Bezüge zu weiteren gesellschaftlich relevanten Merkmalen hergestellt werden, die mit einer „Conditio Humana“ vereinbar sind.

Auf welche Weise sich moralische Urteile im Alter von denen Jüngerer unterscheiden soll in diesem Projekt unter starker Berücksichtigung der äquilibrierten Moralstufen untersucht werden. Auf dieser sogenannten B-Stufe, damit ist die horizontale Weiterung einer Moralstufe gemeint, werden mehr Verantwortlichkeitsurteile gefällt, die insgesamt präskriptiver, reversibler, universalistischer und autonomer ausfallen.

Methode
Es werden die Moralstufen und die Entwicklung der für die jeweiligen Argumentationen bedeutenden Normen über vier verschiedene Altersgruppen mit der Dilemmamethode nach Kohlberg (vgl. Colby & Kohlberg 1987) untersucht. Die weiterführende Analyse erfolgt anhand statistischer Analysen mit SPSS und mit qualitativen Verfahren (Dewey 1986, Lenk 1974). Die Dilemmata wurden so gewählt und konstruiert, dass sie jeweils als Repräsentanten für ein typisches Lebensphasenproblem im jungen bzw. späten Lebensalter stehen, wobei für die zugrunde liegende Krise der Entscheidung sowohl normative als auch ontogenetische Argumente Geltung beanspruchen dürfen. Des Weiteren wird ein Normensystem höherer Ordnung entwickelt, das beispielsweise Humanität, Schicksal, Chance und Leid beinhaltet.

Stichprobe
In der vorliegenden Studie wird das moralische Urteil von 93 Personen aus vier Altersgruppen befragt: Gymnasiasten der Jahrgangsstufe 10 (15-16 Jahre), Abiturienten der Jahrgangsstufe 12 (16-19 Jahre), Arbeitnehmer des mittleren Erwachsenenalters (28-57 Jahre) und Menschen im höheren Lebensalter (59-83 Jahre). Die TeilnehmerInnen stammen aus einem Gymnasium der Region, einem großen Pharmaunternehmen und der Akademie für Ältere Heidelberg.

Erste Fragen und Hypothesen
Es interessiert zunächst, wie sich die Moralstufen in den unterschiedlichen Altersgruppen verteilen. Danach ist zu fragen, wie die von Kohlberg postulierten äquilibrierten Moralstufen sich gestalten und in welchem Zusammenhang sie mit dem Lebensalter stehen. Mehr noch: Wie sehen die Verantwortlichkeitshaltungen der einzelnen Urteile aus? Und wann kann man von Gewissensentscheidungen sprechen? Sodann sollen die Aussagen zu den beiden Dilemmata verglichen werden. Wie korrelieren in den einzelnen Altersgruppen die Moralstufen, wenn man ein dem Lebenslauf entsprechend situationstypisches und -untypisches Urteil vergleicht? Können Vermutungen über Kohorten-, Zeit- oder Altersunterschiede getroffen werden?

Ergebnisse
Werden demnächst auf dieser Seite bekanntgegeben.

Materialien
Pflege Dilemma und Lebenstraum Dilemma

Publikationen
Ehret, S. (2013). The structure and dynamics of morals in thinking over the course of life.
In: International Journal of Aging and Society, 2,49-60.

Verantwortlich: E-Mail
Letzte Änderung: 26.02.2014
zum Seitenanfang/up